17.08.2015

Heizölbestellung und Widerruf

Rechtsanwalt / Fachanwalt für Verwaltungsrecht Rolf Neumann, Bochum / Bottrop

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 17. Juni 2015 (VIII ZR 249/14) festgehalten, dass derjenige, der als Verbraucher im Bereich des Fernabsatzvertrages Heizöl bestellt hat, den Vertrag innerhalb der Widerrufsfrist solange widerrufen kann, bis sich das Heizöl in seinem Tank befindet und mit etwaigen Restmengen vermischt hat.
Im entschiedenen Fall hatte der Kunde als Verbraucher über das Internet Heizöl zu einem bestimmten Preis bestellt. Die Lieferung sollte etwa drei Wochen später erfolgen.
In der Zwischenzeit hatte sich der Heizölpreis am Markt jedoch nicht unerheblich verringert, so dass der Kunde den geschlossenen Vertrag gegenüber dem Händler widerrief. Der Händler begehrte nach dem Inhalt der in den Vertrag miteinbezogenen AGB des Händlers Schadensersatz wegen der Differenz des Verkaufspreises, den er nach Widerruf nicht mehr habe erzielen können.

Der BGH kam zu dem Ergebnis, das die Ausnahmevorschrift im Fernabsatzrecht des § 312d Abs. 4 Nr. 6 BGB (a F bis 2004), wonach bestimmte Verträge deswegen nicht wiederrufen werden können, weil es sich um die Lieferung von Gegenständen handelt, deren Preis auf dem Finanzmarkt Schwankungen unterliegt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat, nicht anwendbar ist.
Für die Bestellung von Heizöl finde diese Regelung keine Anwendung, so dass der Kunde der über das Internet oder das Telefon oder in sonstiger Weise über Fernkommunikationsmittel bestellt hatte, den Vertrag innerhalb der Widerrufsfrist widerrufen könne.
Denn bei der Bestellung von Heizöl weise das Geschäft für den Kunden gerade keinen spekulativen Kern auf, wie dies in der Vorschrift des in § 312d Abs. 4 Nr. 6 BGB aF – alte Fassung – (die Vorschrift entspricht im Wesentlichen der heute gültigen Regelung des § 312 g, Abs. 2, Nr. 8 BGB) vorgesehen ist.
Insbesondere könne dem Verbraucher das Widerrufsrecht beim Fernabsatz von Heizöl nicht generell verwehrt werden.
Es komme – entgegen verschiedener Meinungen in der Rechtsprechung und Literatur – nicht darauf an, ob bei Heizölbestellungen auf den Rohölpreis als Basiswert abzustellen sei oder ob Heizöl unmittelbar an einer Waren- oder Rohstoffbörse gehandelt werde. Es sei ferner nicht entscheidend, ob der Unternehmer das Heizöl unmittelbar an einer Börse erworben habe oder von einem Vorlieferanten.
Maßgebend sei vielmehr, dass Geschäfte über den Ankauf von Heizöl durch den Verbraucher keinen spekulativen Kern aufwiesen.
Das Geschäft diene dem Verbraucher nämlich nicht dazu, durch Weiterveräußerung einen finanziellen Gewinn zu erzielen, sondern richte sich typischerweise auf Eigenversorgung durch Endverbrauch der Ware – ganz im Gegensatz zu den im Gesetz genannten Geschäften, zur Lieferung von Waren oder zur Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat. Dabei handele es sich um Geschäfte bei denen das Risiko eines wenigstens mittelbar finanzmarktbezogen spekulativen Geschäfts nicht einseitig dem Unternehmer aufzubürden sei, sondern mit seinem Abschluss in gleicher Weise auf beide Parteien zu verteilen sei.

Die Entscheidung entfaltet maßgebliche Auswirkungen sowohl für den Verbraucher als auch für den Händler. Der Verbraucher kann, falls der Marktpreis des Heizöls nach dessen Bestellung sinkt, den Vertrag innerhalb der Widerrufsfrist von 14 Tagen widerrufen. Für den Verbraucher besteht die Möglichkeit, das Heizöl sodann anderweit zu dem günstigeren Preis neu zu bestellen.
Den Händler trifft das Risiko, das er nach Widerruf durch den Verbraucher das von ihm bereits bei ursprünglicher Bestellung zu dem damaligen Preis georderte Öl abnehmen muss und nun zu einem geringeren Preis veräußern muss, soweit ihm keine Lagerungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dann kann er etwaig das Öl einlagern und zuwarten, bis der Marktpreis wieder ansteigt. Denn der Händler kann bei senem Großhändler in der Regel nicht den Widerruf des Vertrages erklären.

Auswirkungen entfaltet dieser Ansatz immer dann, wenn der Marktreis innerhalb kurzer Zeit nicht unmaßgeblich sinkt, wie etwa teilweise im Jahre 2014.

In Anbetracht der Tatsache, dass jedenfalls, wie vielfach üblich, das Heizöl telefonisch bestellt wird, können zudem Verbraucher die Bestellung auch nach längerer Zeit noch widerrufen, weil bei telefonischer Bestellung jedenfalls eine ordnungsgemäße Widerrufbelehrung nicht erfolgt, so dass eine 14 Tage Frist für den Widerruf nicht zu laufen beginnt.

Im Hinblick darauf, dass der Widerruf bei Fernabsatzverträgen europaweit wegen entsprechender Europarichtlinien gleich geregelt ist, kommen gewichtige Stimmen zu dem Ergebnis, dass der BGH eine Entscheidung nicht hätte treffen dürfen, dies vielmehr dem Eropäischen Gerichtshof vorbehalten sei. Deshalb wird die Sache ggf. noch durch das Bundesverfassungsgericht geprüft werden nach Erhebung einer Verfassungsbeschwerde.