23.08.2014

Arbeitsrecht: Urlaubsabgeltung und Tod

Arbeitsrecht / Erbrecht: Urlaubsabgeltungsanspruch auch nach Versterben des Arbeitnehmers

Rechtsanwalt / Fachanwalt für Verwaltungsrecht Rolf Neumann, Bochum / Bottrop

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat nach Vorlage der Frage durch das Landesarbeitsgericht Hamm entschieden, dass auch nach Versterben des Arbeitnehmers dessen Erben einen Anspruch auf Zahlung des Urlaubsabgeltungsanspruches des Arbeitsnehmers haben, wenn die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind, wie die etwa die krankheitsbedingt fehlende Möglichkeit, Urlaub zu nehmen, oder sonstige betriebliche Gründe.

Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Frage der Urlaubsabgeltung beim Tode des Arbeitnehmers nicht anders zu beurteilen sei, als im Falle der fehlenden Möglichkeit, den Urlaub zu nehmen, wegen einer eingetretenen Krankheit.

Nach Auffassung des Gerichtes verstoßen nationale Regelungen, aus denen sich ergibt, dass Urlaubsabgeltungsansprüche mit Versterben des Arbeitnehmers untergehen, ohne, dass eine finanzielle Abgeltung derseben erfolgt, gegen Art. 7 der Europäischen Arbeitszeitrichtlinie 2003/88EG.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes konnten Erben den Urlaubsabbgeltungsanspruch des verstorbenen Arbeitnehmers nur dann erfolgreich geltend machen, wenn dies etwa tarifvertraglich zwischen den Tarifparteien geregelt worden war. Begründet wurde diese Ansicht mit der These, dass der Urlaub, der der Erholung diene, nach dem Versterben des Arbeitnehmers seinen Zweck nicht mehr erfüllen könne, so dass auch eine Abgeltung nicht in Betracht käme.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hält jedoch die Urlaubsabgeltung nach Versterben des Arbeitnehmers für nur konsequent, um die Wirksamkeit der genannten Richtlinie in Bezug auf den dort vorgesehenen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaubes sicher zu stellen.

Die Rechtsprechung des BAG und der Untergerichte wird sich dieser Entscheidung anpassen müssen. Aktuell hat bereits das Arbeitsgericht Berlin in einer ersten Entscheidung reagiert und den Erben eines Arbeitnehmers Urlaubsabgeltungsansprüche entgegen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zugesprochen (Urteil vom 01.12.2015, AZ.: 56 Ca 10968/15).

Auswirkungen hat die Entscheidung auch in der erbrechtlichen Bewertung. Man stelle sich vor, der jahrelang erkrankte Arbeitnehmer verstirbt ohne Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Durch dessen Tod und die dadurch bedingte Entstehung von Urlaubsabgeltungsansprüchen erhöht sich nicht nur der Wert des Erbes sondern im Einzelfall wird dadurch das Erbe sogar entschuldet. Gegebenenfalls muss auch der Erbe, der sich etwa Pflichtteilsansprüchen ausgesetzt sieht, Wert darauf legen, diese Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. Falls er dies unterläßt, besteht für ihn das Risiko, von den Pflichtteilsberechtigten oder sonstigen Berechtigten auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden.